Millionenförderung für Max-Planck-Gruppenleiter
Thomas Wollert und Gurumoorthy Krishnamoorthy erhalten ERC Starting Grant
Wie entsorgen Zellen ihren Müll?
Wenn die Müllabfuhr streikt, drohen wir im Müll zu ersticken. Ähnliche Probleme haben menschliche Zellen. Auch sie müssen zellulären Abfall, wie beispielsweise alte Proteine oder defekte Zellbestandteile, regelmäßig einsammeln und zu Entsorgungsstationen transportieren. Streikt jedoch die zelluläre Müllabfuhr, so können sich schwerwiegende Erkrankungen wie beispielsweise Alzheimer oder Krebs entwickeln. Das Team um Thomas Wollert untersucht daher ein wichtiges Entsorgungssystem der Zelle: die Autophagozytose. Hierbei handelt es sich um ein Recyclingsystem, welches den zellulären Abfall erkennt, verpackt, und zu zellulären Müllverbrennungsanlagen, den Lysosomen, transportiert. Somit dient die Autophagozytose vor allem dem Schutz der Zelle, indem sie verhindert, dass sich überschüssiges Material ansammelt. „Mit den Forschungsgeldern werden wir den Prozess der Autophagozytose im Reagenzglas nachbauen, um detaillierte Einblicke in deren Funktionsweise und Regulation zu erhalten“, sagt Thomas Wollert, seit 2010 Gruppenleiter am MPI für Biochemie. „Unsere Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapien gegen Krebs und neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.“
Welche Rolle spielen Darmbakterien bei Multipler Sklerose?
Multiple Sklerose oder kurz MS ist die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Allein in Deutschland sind rund 120.000 Menschen an MS erkrankt. Bei dieser Autoimmunerkrankung richten sich fehlgeleitete Zellen des Immunsystems gegen das eigene Nervensystem. Einmal in das Gehirn und Rückenmark eingedrungen, schädigen die Immunzellen Nervenzellen und können, je nach Angriffsort, Lähmungen, Empfindungsstörungen oder Sehstörungen auslösen. Gurumoorthy Krishnamoorthy konnte zeigen, dass Bakterien der gesunden Darmflora, die jeder Mensch zur Verdauung braucht, ein MS-Auslöser sein könnten. Seit 2008 arbeitet der Neuroimmunologe als Projektgruppenleiter am benachbarten MPI für Neurobiologie, wird aber im Rahmen des ERC Starting Grants eine eigene unabhängige Forschungsgruppe am MPI für Biochemie aufbauen. „Ich möchte die krankmachenden Bakterien identifizieren, die molekularen Interaktionen bei der MS-Aktivierung aufklären und neue Therapieansätze entwickeln“, beschreibt Gurumoorthy Krishnamoorthy sein Vorhaben.
In der vergangenen Wettbewerbsrunde gingen insgesamt 3.273 Starting Grant-Anträge beim European Research Council (ERC) ein. Von diesen bewilligte der ERC rund 10 Prozent: das Gesamtbudget von 485 Millionen Euro verteilt sich auf 328 Anträge aus 38 Nationen. In Deutschland wurden 70 Bewerber mit einem der begehrten Starting Grants ausgezeichnet. Gleich zwei der Preisträger stammen aus dem Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München.