Petra Schwille erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse

Max-Planck-Direktorin Petra Schwille erhält für ihre Forschungsarbeit die höchste Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland für Verdienste im Sinne des Gemeinwohles.

16. November 2023

Am 15. November 2023 überreichte der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an die Biophysikerin und Direktorin am Max-Planck-Institut für Biochemie, Prof. Dr. Petra Schwille. Petra Schwille möchte mit ihrer Forschungsabteilung aus einzelnen gut charakterisierten Bausteinen ein einfaches biologisches System schaffen, das sich selbst vervielfältigen kann – etwas, das erstmals der Urzelle gelang.

„Ihre wissenschaftlichen und methodischen Kompetenzen sowie ihr unermüdlicher Enthusiasmus machen Frau Professor Schwille zu einer Pionierin auf ihrem Forschungsgebiet. Neben zahlreichen Auszeichnungen, darunter der Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Philip Morris Forschungspreis, wird nun auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse in Anerkennung ihres Engagements verliehen,“ so der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger.

Die Arbeit der Forschungsabteilung Zelluläre und Molekulare Biophysik

Wie entstanden vor Milliarden von Jahren die ersten Zellen? Und welche Bestandteile und Fähigkeiten hatten sie? Sicher ist nur eines: sie waren sehr viel einfacher aufgebaut als unsere heutigen Organismen, die sich in den vergangenen drei bis vier Milliarden Jahren der Evolution auf der Erde stetig anpassen mussten und die dadurch immer komplexer geworden sind.

Aktuell ist selbst eine biologische Minimalzelle, die nur über die absolut notwendigen Bestandteile verfügen soll, mit etwa 500 Genen, noch zu komplex um sie nachzubauen. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Wissenschaftler*innen auf diesem Gebiet auf einzelne, essentielle Eigenschaften von Zellen, wie beispielsweise deren Teilung. Ein solches minimales biochemisches System zu bauen, das sich ohne Steuerung von außen autonom und kontrolliert in zwei Tochtersysteme teilt, ist das gegenwärtige Forschungsziel der Abteilung von Petra Schwille.

Das Forschungsteam legt sein Augenmerk dabei vor allem auf Membranvesikel, die ungefähr so groß sind wie unsere Körperzellen, aber nur aus Lipiden, also den zellulären Hüllen, bestehen und in denen sich eine festgelegte Mischung von Proteinen befindet, die die Teilung auslösen sollen. Das Team konnte bereits fünf verschiedene Proteine, die ursprünglich aus einem Bakterium stammen, in einem solchen Vesikel dazu bringen sich so zu organisieren, dass sich ein sogenannter Teilungsring genau in der Mitte bildet und beginnt, das Vesikel zu verformen. Dieser Schritt ist essentiell für die Zellteilung und bringt die Forschenden somit einen Schritt weiter auf dem Weg zu einer minimalen Zelle.

„Ich fühle mich sehr geehrt, dass meine Arbeit auf diese Weise durch die Bundesrepublik Deutschland gewürdigt wird und bedanke mich für das Vertrauen und die Freiheit der Forschung, die mir hoffentlich ermöglicht, unserem bisherigen Wissensstand noch viele weitere wichtige und grundlegende Erkenntnisse zur Entstehung und den Eigenschaften des Lebens beizusteuern,“ bedankt sich Petra Schwille für die Auszeichnung.

Über Petra Schwille

Petra Schwille studierte Physik und Philosophie an den Universitäten in Stuttgart und Göttingen und promovierte bei Nobelpreisträger Manfred Eigen am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Cornell University, Ithaca, New York, USA, kehrte sie 1999 nach Deutschland und ans MPI für biophysikalische Chemie zurück, wo sie ihre eigene Nachwuchsgruppe leitete. 2002 folgte sie einem Ruf auf den Lehrstuhl für Biophysik am Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der Technischen Universität Dresden, den sie bis April 2012 innehatte. Seit 2011 ist sie Direktorin am MPI für Biochemie und leitet die Arbeitsgruppe Zelluläre und molekulare Biophysik. Seit 2012 ist sie außerdem Honorarprofessorin an der Fakultät für Physik der LMU. Petra Schwille wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Philip Morris Forschungspreis 2004, dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2010 der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem bayerischen Maximiliansorden 2018.

[tb]

Wörterbuch der Abteilung Zelluläre und molekulare Biophysik:

Vesikel / Membranvesikel: Vesikel sind kleine Bläschen in unseren Zellen, die von einer Membran, also einer Hülle, umgeben sind. Unsere Zellen nutzen sie vor allem, um in ihnen bestimmte Stoffe zu transportieren.

Lipide: Lipide sind biologische Moleküle, die für uns unverzichtbar sind. Zu ihnen zählen beispielsweise Fette, Öle und Wachse.

Minimale Zelle / Minimalzelle: Eine minimale Zelle ist die Idee einer im Labor hergestellten, künstlichen Zelle, die nur die absolut notwenigen biologischen Bestandteile enthält um überlebensfähig zu sein. Sie soll die vermutliche „Urzelle“, also die erste lebende Zelle, nachahmen.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht