Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis an Prof. Dr. F.-Ulrich Hartl

10. Dezember 2001

Für seine herausragenden Entdeckungen zur Erforschung der Proteinfaltung zeichnete am 7.12.2001 die Deutsche Forschungsgemeinschaft Prof. Dr. F.-Ulrich Hartl, Direktor der Abteilung Zelluläre Biochemie am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, mit dem höchstdotierten deutschen Forschungspreis aus.

Die Preissumme von drei Millionen Mark nach dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm der deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhält Hartl für seine Entdeckung, dass Proteine mit Hilfe von Proteinekomplexen, sogenannten molekularen Chaperonen, die richtige Struktur erhalten. Chaperon ist eine veraltete französische Bezeichnung für Anstandsdame, die eine jüngere Dame zu ihrem Schutz begleitet und dafür sorgt, dass die Männer der von ihr beschützten Dame nicht unerwünscht zu nahe kommen. Entsprechend haben die molkeularen Chaperone in den Zellen die gleiche Aufgabe: Sie sollen ermöglichen, dass nur die richtigen Teile eines Proteins in Wechselwirkung treten und zu einer korrekten dreidimensionalen Faltung des Proteins beitragen.

Die richtige Faltung eines Proteins ist die Voraussetzung dafür, dass Proteine in der Zelle wichtige Prozesse ermöglichen. Werden sie falsch gefaltet, können Sie ihre für die Zelle lebensnotwendige Funktionen nicht erfüllen und führen in der Zelle zu Verklumpungen, die zum Beispiel bei neurodegenerativen Krankheiten wie etwa Alzheimerschen Erkrankung eine Rolle spielen. Die molekularen Faltungshelfer werden auch Hitzeschockproteine genannt, weil sie verstärkt unter Stress und Hitze (Fieber) gebildet werden und Proteine unter diesen Bedingungen davor schützen sollen, ihre korrekt gefaltete Form zu verlieren. Die Arbeitsgruppe um Hartl hat besonders die Funktionweise und Struktur zweier Hitzeschockproteine, Hsp70 und Hsp60, in bakteriellen Zellen untersucht und aufgeklärt.

Die Martinsrieder Wissenschaftler um Professor Hartl untersuchen auch, welche Rolle die Chaperone bei der Entstehung von Krankheiten spielen, an denen falsch gefaltete Proteine beteiligt sind. So beschäftigt sich eine Forschergruppe in Hartls Abteilung für Zelluläre Biochemie mit der Entstehung der Rinderseuche BSE oder der menschlichen Creutzfeldt-Jacob-Krankheit. Weitere Forschungsschwerpunkte der Chaperon-Forscher sind die Nervenkrankheit Chorea Huntington.

Nach seinem Medizin-Studium und der Promotion an der Universität Heidelberg kam Hartl 1987 als Wissenschaftlicher Assistent zu Prof. Neupert, Institut für Physiologische Chemie an der Universität München. Als Stipendiat der deutschen Forschungsgemeinschaft führte er von 1989 bis 1990 postdoktorale Studien an der University of California, Los Angeles durch. Nach einjährigem Aufenthalt als Akademischer Rat an der Universität München kehrte er wieder nach Amerika zurück, wo er von 1991 bis 1997 Wissenschaftler am Sloan-Kettering Institute und Professor an Cornell University, beides in New York war. Von 1994 bis 1997 war Hartl Investigator des Howard Hughes Medical Institutes.

Verschiedene Preise und Auszeichnungen würdigten die wissenschaftliche Leistung Hartls. So erhielt er bereits 1997 den Preis Lipmann Award der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie, im selben Jahr verlieh ihm die Universität München eine Honorarprofessur. 1999 zeichnete die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften F.-Ulrich Hartl mit dem Akademiepreis aus. Seit 2000 ist Hartl ausländisches Mitglied der amerikanischen Akademie für Kunst und Wissenschaften. Ebenfalls im vergangenen Jahr wurde er mit dem renomierten Vaillant Preis ausgezeichnet. Als jüngster Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried leitet Professor Hartl seit 1997 die Abteilung Zelluläre Biochemie.

Die Verleihung des Leibniz-Preises wird am 6. März in Berlin stattfinden.

Kontakt:

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