Franz-Ulrich Hartl wird mit der Schleiden-Medaille ausgezeichnet

Leopoldina ehrt Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie, für seine Beiträge zum Verständnis der zellulären Proteinfaltung mit der Schleiden-Medaille.

30. März 2023

Martinsried. Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie, wird durch die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, mit der Schleiden-Medaille ausgezeichnet. Der Biochemiker erhält die Ehrung für seine Arbeiten zur Aufklärung der Funktion molekularer Chaperone, einer Klasse von Proteinen, die anderen Proteinen dabei helfen, sich korrekt zu falten. Da falsch gefaltete Proteine auch Ursache neurodegenerativer Erkrankungen sind, tragen Hartls Erkenntnisse dazu bei, die Entstehung von Krankheiten wie Parkinson oder der Alzheimer Demenz besser zu verstehen. Die Auszeichnung wird am Mittwoch, den 19. April 2023, in Halle an der Saale verliehen.

Bei der Entstehung von Proteinen in unseren Zellen, werden diese zunächst als lange Ketten aus Aminosäuren hergestellt. Diese Aminosäureketten nehmen dann für jedes Protein eine einzigartige, dreidimensionale Struktur an, indem sie sich sozusagen zusammenfalten. Nur mit ihrer individuellen und richtigen Struktur können unsere Proteine ihre Aufgaben auch korrekt erfüllen. Prof. Dr. Franz-Ulrich Hartl konnte nachweisen, dass an dieser Faltung in unserem Körper bestimmte „Helfermoleküle“, die Chaperone, entscheidend beteiligt sind. Kommt es bei der Faltung zu Fehlern, so kann dies beispielsweise zu neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer Demenz führen. Hartl hat herausgefunden, dass Zellen diese „Helfermoleküle“ einsetzen, um Fehler bei der Faltung zu vermeiden. Chaperone interagieren daher mit noch ungefalteten oder bereits fehlgefalteten Proteinen. Sie unterstützen die richtige Faltung und helfen beim Abbau der fehlerhaften Proteine, um Krankheiten vorzubeugen.

Die Arbeiten von Franz-Ulrich Hartl haben wesentlich zur Aufklärung der Mechanismen der Proteinfaltung in unseren Zellen beigetragen. Die Fehlfaltung spielt generell eine entscheidende Rolle beim Altern und der Entstehung altersbedingter Krankheiten. Hartl will herausfinden, warum die Aktivität der Chaperone im Alter abnimmt und wie sie wieder erhöht werden könnte. Zusammen mit seiner Forschungsgruppe untersucht er auch den Einfluss der Chaperone auf neurodegenerative Krankheiten, wie Chorea Huntington und Morbus Parkinson. Seine Ergebnisse liefern Einblicke in Krankheitsmechanismen, bieten Chancen für neue Therapien und sind wichtig für die biotechnologische Herstellung von Proteinen.

Über den Preisträger
Franz-Ulrich Hartl wurde 1957 geboren und studierte Medizin an der Universität Heidelberg, wo er anschließend auch promovierte. Als wissenschaftlicher Assistent und dann Gruppenleiter wechselte er zu Walter Neupert an die Ludwig-Maximilians-Universität München. Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglichte ihm seinen ersten Forschungsaufenthalt an der University of California, Los Angeles. Als Professor und Investigator des Howard Hughes Medical Institute war er am Sloan-Kettering Institute und an der Cornell University in New York tätig. Im Jahr 1997 gelang es der Max-Planck-Gesellschaft den hochrangigen Wissenschaftler wieder nach Deutschland zurückzuholen. Seither leitet er am Max-Planck-Institut für Biochemie die Abteilung Zelluläre Biochemie. In den letzten Jahren wurden ihm eine Vielzahl von Wissenschaftspreisen zuerkannt. Dazu zählen, unter anderem, 2002 der Gottfried Wilhelm Leibniz Preis, 2011 der Albert-Lasker-Preis für grundlagenmedizinische Forschung, 2012 der Shaw-Preis zusammen mit Arthur L. Horwich und 2016 der Albany Medical Center-Preis zusammen mit Horwich und Susan Lee Lindquist. 2018 wurde Hartl in die Hall of Fame der deutschen Forschung aufgenommen, 2019 erhielt er den Dr. Paul Janssen-Preis und den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis. 2020 wurde er mit dem Breakthrough-Preis ausgezeichnet und 2022 erhielt er einen ERC Advanced Grant zur Förderung seiner Forschung.

Über die Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat 1.600 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertisen aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet. Die Schleiden-Medaille ist nach dem Akademie-Mitglied Matthias Jacob Schleiden (1804–1881) benannt. Der Botaniker ist Mitbegründer der Zelltheorie. Die Medaille wird seit 1955 von der Leopoldina für hervorragende Erkenntnisse auf dem Gebiet der Zellbiologie vergeben.

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