Salzkonsum reguliert Autoimmunerkrankung

Forschende am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie zeigen, dass ein erhöhter Salzkonsum keinen negativen Effekt auf den Krankheitsverlauf hat. In einem Maus-Modell für Multiple Sklerose-Erkrankungen ist er sogar von Vorteil.

15. März 2021

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Nervensystems. Bei dieser Autoimmunerkrankung werden die Myelinscheiden der Nervenzellen vom eigenen Immunsystem des Patienten angegriffen. Für die Erforschung der Erkrankung gibt es eine Vielzahl von Tiermodellen. Forschende am Max-Planck-Institut für Biochemie konnten jetzt zeigen, entgegen den Ergebnissen anderer Studien, dass ein moderat erhöhter Salzkonsum bei Mäusen keinen negativen Effekt auf den Verlauf der Erkrankung hat. In transgenen Mäusen, die genetisch bedingt eine spontane MS-ähnliche Erkrankung entwickeln, führte der erhöhte Salzkonsum zu einer Unterdrückung der Erkrankung. Die Studie wurde im Fachmagazin PNAS publiziert.

Natriumchlorid, Kochsalz, ist ein essentielles Mineral, das wir für eine gesunde Ernährung zu uns nehmen müssen. Übermäßiger Salzkonsum zählt jedoch zu den bekannten Gesundheitsrisiken, denn es wird mit Herz-Kreislauferkrankungen und Nierenleiden in Verbindung gebracht. Forschende sind außerdem daran interessiert, die Auswirkungen von übermäßigem Salzkonsum bei Autoimmun- und Entzündungskrankheiten wie Multipler Sklerose zu verstehen. Deshalb wurde in der Vergangenheit an Tiermodellen mit 'Experimental Autoimmune Encephalomyelitis' (EAE), einer MS-ähnlichen Erkrankung, der Effekt des übermäßigen Salzkonsums untersucht. Es wurde berichtet, dass es zur Verschlimmerung der Erkrankung kommt.

Anderes Krankheitsmodell, anderes Ergebnis
Gurumoorthy Krishnamoorthy, Leiter der Forschungsgruppe „Neuroinflammation und Mukosale Immunologie“ am Max-Planck-Institut für Biochemie, konnte jetzt mit seinem Team eine gegensätzliche Erkenntnis erzielen. Der Forschungsgruppenleiter erklärt: „Für unsere Studien haben wir ein anderes Mausmodell verwendet, das spontan MS-ähnliche Symptome entwickelt. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass der erhöhte Salzkonsum bei den Tieren die Erkrankung begünstigt oder verschlimmert.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten sogar zeigen, dass der erhöhte Salzkonsum die Entwicklung der Autoimmunerkrankung unterdrückt.

Die Blut-Hirn-Schranke
„Für die Analyse haben wir uns auf die Blut-Hirn-Schranke fokussiert“, berichtet Shin-Young Na, Erstautor der Studie. Die Blut-Hirn-Schranke ist eine wichtige Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem Zentralem Nervensystem. Sie verhindert, dass Stoffe aber auch Immunzellen, aus dem Blut unkontrolliert in das zentrale Nervensystem übertreten. Bei dieser Diffusionsbarriere helfen sogenannte Tight Junctions. Das sind Membranmoleküle die, wie der Name sagt, zwischen Zellen eine enge Verbindung herstellen. „Wir konnten sehen, dass bei den Tieren, die vermehrt Salz konsumierten, die Serumspiegel des Glucocorticoid-Hormons Kortikosteron erhöht waren. Dieser erhöhte Kortikosteron-Spiegel hat zu einer erhöhten Expression der Tight-Junction-Moleküle in den Endothelzellen geführt. Dadurch wird die Blut-Hirn-Schranke gestärkt und der Eintritt von entzündlichen T-Zellen in das Nervensystem wurde blockiert", berichtet Na weiter.

Gurumoorthy Krishnamoorthy sagt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein moderat erhöhter Salzkonsum vielfältige und potentiell vorteilhafte Effekte auf die Autoimmunität des Zentralen Nervensystems bei Mäusen hat. Ich gehe davon aus, dass der entgegensetzliche Effekt zu den früheren Studien mit den verschiedenen Tiermodellen zusammen hängt, bei denen die Blut-Hirn-Schranke durch Injektion von Pertussis-Toxin künstlich geöffnet wurde. Das ist bei unserem Krankheitsmodell nicht der Fall und kommt dem frühen Stadium einer MS-Erkrankung beim Menschen näher.“

Originalpublikation:
S.-Y. Na, M. Janakiraman, A. Leliavski & G. Krishnamoorthy:
High-salt diet suppresses autoimmune demyelination by regulating the blood-brain barrier permeability., PNAS, März 2021
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2025944118

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