Pionier der Mikroskopie: Wolfgang Baumeister erhält Stifterverbandspreis 2019
Der Biophysiker hat mit der Kryo-Elektronentomographie die molekulare Strukturbiologie revolutioniert [mehr]
Zelluläres Gedränge

Zelluläres Gedränge

2. Juli 2018
Sind Sie jemals mitten in einer Menschenmenge stecken geblieben? Je enger die Menschen stehen, desto schwieriger wird es sich in der Menge fortzubewegen. Manchmal wird es so eng, dass Sie sich überhaupt nicht mehr bewegen können. Falls sich das unangenehm für Sie anhört, dann würden sie wahrscheinlich nicht innerhalb einer Zelle leben wollen, wo Proteine und andere Moleküle dicht gepackt vorliegen. Dieses dichte Gedränge, „Crowding” genannt, ist sehr wichtig für die Zelle — es bringt die Moleküle in Kontakt, so dass sie interagieren können und die chemischen Reaktionen ablaufen, die die Zelle zum Leben benötigt. Tatsächlich werden viele Erkrankungen durch Veränderungen im molekularen Crowding hervorgerufen, die ungewollte und schädliche Interaktionen zwischen Proteinen herbeiführen können. Trotz seiner Wichtigkeit bleibt es ein Rätsel wie dieses Crowding innerhalb der Zelle kontrolliert wird. Durch eine Kombination aus Methoden der Biophysik, Zellbiologie, physikalischen Prozessmodellierung und Kryoelektronentomographie hat ein internationales Team von Forschern an der New York University (NYU) und dem Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) entdeckt, dass der mTORC1 Signalweg die Konzentration von Ribosomen in der Zelle kontrolliert. Dadurch wird das Crowding beeinflusst, sowie die Fähigkeit von Proteinen miteinander zu interagieren und phasen-getrennte Kompartimente zu bilden. Diese Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht. [mehr]
<p style="text-align: left;" align="center">Wolfgang Baumeister erhält den Ernst Jung-Preis</p>
Die Ernst Jung-Medaille für Medizin in Gold würdigt das Lebenswerk von Wissenschaftlern, die einen bedeutenden Beitrag zum medizinischen Fortschritt leisten. In diesem Jahr erhält sie der Münchner Biophysiker Wolfgang Baumeister für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Kryo-Elektronenmikroskopie, sowie der Strukturaufklärung von großen makromolekularen Protein-komplexen. Wolfgang Baumeister ist Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München. Verbunden mit der Auszeichnung ist ein Stipendium in Höhe von 30.000 Euro, die Baumeister an einen Nachwuchswissenschaftler seiner Wahl vergeben kann. Der Preis wurde am 4. Mai 2018 in Hamburg verliehen. [mehr]
<p style="text-align: left;" align="center">Die Entschlüsselung der Struktur des Huntingtin Proteins</p>
Vor 25 Jahren wurde die Ursache der Huntington-Krankheit entdeckt. Mutationen auf einem einzigen Gen, dem Huntingtin Gen, führen zu einer fehlerhaften Form des gleichnamigen Proteins. Jetzt haben Forscher mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie, der jüngst mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Methode, die dreidimensionale, molekulare Struktur des gesunden menschlichen Huntingtin-Proteins entschlüsselt. Diese ermöglicht nun dessen funktionelle Analyse. Ein verbessertes Verständnis von Struktur und Funktion des Huntingtin-Proteins könnte in Zukunft zur Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten beitragen. Die Arbeit der Forscher vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried und der Universität Ulm wurde jetzt im Fachjournal Nature vorgestellt. [mehr]
<p style="text-align: left;" align="center">Die Wächter des Tores</p>

Die Wächter des Tores

11. Dezember 2017
Damit Proteine aus dem Zytoplasma in den Zellkern gelangen, müssen sie ein Tor passieren, den sogenannten Kernporenkomplex (NPC). Bisher ist jedoch nicht bekannt, ob die Zelle die Proteine überwachen kann, die durch den NPC wandern. Mit Hilfe der in-situ-Kryo-Elektronentomographie untersuchten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie blitzschnell eingefrorene Zellen im lebensechten Zustand. Sie fanden heraus, dass NPCs mit Proteasomen, molekularen Maschinen, umgeben sind. Proteasomen bauen fehlgefaltete Proteine ab und schützen die Zelle dadurch vor Schäden. Die NPC-gebundenen Proteasomen überwachen den Transport durch den NPC, um sicherzustellen, dass nur korrekt gefaltete Proteine in den Kern oder aus ihm heraus gelangen. Die Studie wurde im Journal PNAS veröffentlicht. [mehr]
Unkraut im Gehirn

Unkraut im Gehirn

7. September 2017
Alzheimer, Parkinson und Huntington – neurodegenerative Krankheiten haben eine Gemeinsamkeit: In den Nervenzellen der Patienten sammeln sich giftige Proteinablagerungen an. Sind diese Aggregate erst einmal vorhanden, wuchern sie wie Unkraut. Ob und wie die Ablagerungen Nervenzellen schädigen und zu deren Absterben führen, ist bisher noch weitgehend ungeklärt. Ein detaillierter Einblick in die dreidimensionale Struktur der Proteinaggregate soll den Forschern helfen, dieses Rätsel zu lösen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München konnten jetzt mittels Kryo-Elektronentomographie ein hochauflösendes, dreidimensionales Modell der für die Huntington-Krankheit verantwortlichen Huntingtin-Aggregate erstellen. Die Ergebnisse wurden im Journal Cell veröffentlicht. [mehr]
Die Batteriefächer der 26S-Protein-Recyclinganlage
Der Abbau von Proteinen und die Wiederverwendung Ihrer Grundbausteine ist ein überlebenswichtiger Prozess in Zellen. Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie zeigen jetzt im Fachjournal PNAS die detaillierte Struktur der menschlichen Protein-Recyclinganlage, dem sogenannten 26S Proteasom, in fast atomarer Auflösung. Dies ermöglichte es den  Wissenschaftlern unter anderem energieliefernde Moleküle am 26S Proteasom zu untersuchen, die notwendig sind, damit das Proteasom arbeitet. Das Wissen über den genauen Aufbau bietet die Grundlage zur Entwicklung von Medikamenten für die Krebstherapie und gegen neurodegenerative Krankheiten. [mehr]
Der ungetrübte Blick in die Zelle
Durch die Kombination neuester Entwicklungen im Bereich der Kryo-Elektronentomografie haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bisher verborgene Strukturen rund um den Zellkern von HeLa-Zellen in dreidimensionalen Bildern sichtbar gemacht. So zeigen sie im Fachjournal Science das erste Mal die Kernlamina, eine drei Nanometer dünne, fadenartige Proteinstruktur, die den Zellkern umgibt. Ohne die Zellen zu fixieren, also chemisch zu verändern oder zu entwässern, werden die zellulären Bestandteile in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt. Erst dadurch kann das Zusammenspiel der funktionellen Bestandteile einer Zelle erkannt und verstanden werden. [mehr]
Was den Golgi im Innersten zusammenhält
Der Golgi-Apparat dient der Zelle als molekulare Poststelle und sendet ihre unzähligen Proteine an die jeweiligen Wirkungsorte. Um Proteine korrekt markieren und sortieren zu können, hat der Golgi einen ganz spezifischen Aufbau. Er besteht aus flachen, Membran-umhüllten Hohlräumen (Zisternen), die dicht aufeinander gestapelt sind – ähnlich einem Stapel Pfannkuchen. Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München haben jetzt neue Strukturen in diesen Zisternen entdeckt. „Mit Hilfe der Cryo-Elektronentomografie konnten wir zeigen, dass die Zisternen durch Linkerproteine zusammengehalten werden“, erklärt Benjamin Engel, Erstautor der Studie. [mehr]
Live-Schaltung in die Nervenzelle
Neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson beruhen auf fehlerhaften Proteinen, die miteinander verklumpen, sich in Nervenzellen des Gehirns ablagern und diese lähmen oder gar zum Zelltod führen. In gesunden Zellen verhindert das ein als Proteasom bekannter Enzymkomplex, der alte oder fehlerhafte Proteine abbaut und recycelt. Forscher um Wolfgang Baumeister am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München konnten nun erstmals das Proteasom in gesunden Gehirnzellen bei der Arbeit beobachten und strukturell charakterisieren. „Als wir die Proteasomen auf unserem Bildschirm sahen, waren wir uns sofort der großen Bedeutung bewusst“, erinnert sich Shoh Asano, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse wurden nun im Journal Science veröffentlicht. [mehr]
Photosynthese in 3D

Photosynthese in 3D

15. Januar 2015
Alles Leben auf unserem Planeten wird erst durch Photosynthese möglich. Sie gewinnt aus Sonnenlicht Energie, erzeugt dabei Sauerstoff und bindet Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Dieser Prozess findet in den sogenannten Chloroplasten von Pflanzen und Algen statt. Forschern um Wolfgang Baumeister am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München ist es nun gelungen, das Innenleben eines Chloroplasten lebensecht als 3D-Struktur abzubilden. „Die Ergebnisse sind die ersten dieser Art und ermöglichen uns, neue Einblicke in den Mechanismus der Photosynthese zu erlangen“, so Benjamin Engel, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben die Forscher kürzlich im Fachjournal eLife veröffentlicht. [mehr]
Großer Erfolg für die Erforschung von Demenzerkrankungen - Max-Planck-Forscher erhalten 13,9 Millionen Euro von der EU
Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington und die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) zeichnen sich durch toxische Eiweißablagerungen in bestimmten Gehirnregionen und Nervenzellen aus. In welcher Verbindung diese Ablagerungen jedoch mit der Schädigung und dem Absterben von Nervenzellen stehen, das wollen F.-Ulrich Hartl, Wolfgang Baumeister, Rüdiger Klein und Matthias Mann herausfinden. Für ihr Vorhaben erhielten die vier Direktoren aus den Martinsrieder Max-Planck-Instituten für Biochemie und für Neurobiologie jetzt einen Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit den bewilligten 13,9 Millionen Euro werden die vier Professoren für die kommenden sechs Jahre eng miteinander kooperierende Forschungsgruppen aufbauen. Der ERC Synergy Grant ist die höchste Forschungsförderung der Europäischen Union und wurde in diesem Jahr erstmals vergeben. [mehr]
Innenleben eines Giganten - Max-Planck-Forscher erlangen neue Einblicke in Proteinabbau-Maschinerie
Werden Proteine in der Zelle nicht fehlerfrei und kontrolliert abgebaut, können Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer entstehen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München haben jetzt den Aufbau und die Funktionsweise einer wichtigen Komponente der zellulären Abbau-Maschinerie des Menschen entschlüsselt: die Tripeptidyl-Peptidase II (TPPII). „Die Aufklärung der Struktur von TPPII ist ein wichtiger Meilenstein, um die komplexe Aktivierung und Kontrolle des Proteinabbaus zu verstehen“, so Beate Rockel, Forscherin am MPIB. Die Ergebnisse wurden jetzt im Journal Structure veröffentlicht. [mehr]
"Fenster" in das Innere von Zellen - Neue Methode ermöglicht detailliertere Einblicke in die Zelle
Die Kryo-Elektronentomografie ermöglicht hochauflösende, dreidimensionale Einblicke in das Innere von Zellen. Jedoch können damit nur sehr kleine Zellen oder dünne Randbereiche größerer Zellern direkt untersucht werden. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München haben jetzt eine Methode entwickelt, um in nahezu unzugängliche Zellbereiche vorzudringen. Mit einem fokussierten Ionenstrahl können die Forscher gezielt winzige „Fenster“ in das Innere von Zellen schneiden. So lassen sich auch größere zelluläre Proben artefaktfrei präparieren und anschließend mittels Elektronentomografie hochaufgelöst analysieren. Die Arbeit der MPIB-Wissenschaftler wurde vor kurzem in Proceedings of the National Academy of Sciences USA, veröffentlicht. [mehr]
Gemeinsam die Geheimnisse des Lebens entschlüsseln - EU Konsortium startet neue Forschungsinfrastruktur für Strukturbiologie
Es sind die kleinen Dinge im Leben, die zählen. In der Strukturbiologie gehören dazu Proteine, Enzyme und Viren. Eine einzige Veränderung in ihrer molekularen Struktur kann über Funktion oder Störung, Gesundheit oder Krankheit entscheiden. Die dreidimensionale Struktur eines Moleküls, wie zum Beispiel eines Proteins, hilft Wissenschaftlern, zu verstehen, wie es funktioniert und welche Rolle es in der Zelle und im Organismus spielt. Am Donnerstag, den 23. Februar 2012, startet das EU-Projekt ‚Instruct‘ eine neue Forschungsinfrastruktur für Strukturbiologie. Instruct wird europäischen Wissenschaftlern aus der akademischen und industriellen Forschung Zugang zu einem breiten Portfolio integrierter Technologien verschaffen. Wolfgang Baumeister, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München, ist eines der Instruct-Mitglieder. [mehr]
Wie Zellen ihren Müll entsorgen - Max-Planck-Forscher entschlüsseln die Struktur der zellulären Proteinabbau-Maschinerie
Werden fehlerhafte Proteine nicht vom Körper abgebaut, können sie Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson verursachen. Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie ist es kürzlich gelungen, die Struktur der zellulären Proteinabbau-Maschinerie (26S-Proteasom) mit Hilfe einer Kombination aus verschiedenen strukturbiologischen Methoden aufzuklären. Die Ergebnisse des Gemeinschaftsprojekts mit Kollegen der University of California San Francisco und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich sind ein wichtiger Schritt für die weitere Erforschung des 26S-Proteasoms. Sie wurden jetzt in Proceedings of the National Academy of Sciences PNAS veröffentlicht. [mehr]
Proteinfabriken im Winterschlaf - Hungernde Bakterien überleben dank Energieeinsparungen
Bakterien, die in einer nährstoffarmen Umgebung leben, sparen Energie, indem sie die Produktion von Proteinen einschränken. Sie verringern die Anzahl der Protein produzierenden molekularen Maschinen (Ribosomen) und hemmen die verbleibenden Ribosomen in ihrer Aktivität. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München konnten jetzt in 3D zeigen, wie sich die ruhenden Ribosomen in der Zelle anordnen. „Der inaktive Zustand ist umkehrbar“, erläutert Julio Ortiz, Wissenschaftler am MPIB, „und hilft den Bakterien, die Hungerperiode zu überleben.“ Ihre Ergebnisse wurden kürzlich im Journal of Cell Biology veröffentlicht. [mehr]
Menschliche Proteinfabriken in 3D - Einblicke ins Innere menschlicher Zellen auf Nanoebene
Wer in der Zelle für die Bildung von Proteinen (Eiweißen) zuständig ist, ist dank der zellbiologischen Forschung bereits bekannt. Aber wie diese Proteinfabriken (Ribosomen) innerhalb der Zelle organisiert sind, ist bisher nicht umfassend erforscht. Kürzlich ist es Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München gelungen, das Innenleben einer intakten menschlichen Zelle mittel Kryo-Elektronentomographie dreidimensional abzubilden. So konnten sie zeigen, wo sich die Ribosomen in der Zelle befinden und wie sie angeordnet sind. In der Vergangenheit war das nur bei Bakterienzellen möglich. Die Ergebnisse wurden jetzt in Molecular Cell veröffentlicht. [mehr]
Wenn Nervenzellen kommunizieren
Das menschliche Gehirn besitzt mehr als 100 Milliarden Nervenzellen, die wiederum in der Lage sind, mit Tausenden ihrer Nachbaren zu kommunizieren. Verknüpft sind Nervenzellen über sogenannte Synapsen. Nervenimpulse machen es möglich, dass wir handeln, uns bewegen und denken. Forschern vom Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried ist es jetzt gelungen, detaillierte 3D-Aufnahmen von Synapsen einzufangen. „Mit Hilfe der Kryoelektronentomografie konnten wir Strukturen in der Synapse aufspüren und analysieren, die vorher völlig unbekannt waren“, sagt Rubén Fernández-Busnadiego, Wissenschaftler am MPI für Biochemie. Die Arbeit wurde jetzt als Coverstory im Journal of Cell Biology veröffentlicht. [mehr]
Um je nach Anforderung die verschiedensten Proteine (Eiweiße) zu erzeugen, besitzt jede Zelle ihren eigenen Maschinenpark: Bestimmte Enzym-Komplexe - die Ribosomen - produzieren als zelluläre Proteinfabriken im Sekundentakt neue Proteine. Als Baupläne dienen dabei Botenmoleküle aus dem Zellkern. Damit möglichst viele Proteine auf einmal gebildet werden können, schließen sich meist mehrere Ribosomen zu einem zellulären „Industriekomplex“, dem Polysom, zusammen, und lesen gleichzeitig dasselbe Botenmolekül ab. Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biochemie gelang es nun erstmals, die dreidimensionale Struktur von Polysomen aufzuklären und zu zeigen, dass deren Form und Funktion ineinander greifen: Wie die Forscher in der hoch angesehenen Fachzeitschrift Cell berichten, sind die Ribosomen in der Regel so angeordnet, dass die erzeugten Proteine den größtmöglichen Abstand voneinander wahren, um sich nicht ineinander zu verheddern und falsch zu falten – bisher glaubte man, Fehlfaltungen würden nur durch spezialisierte Proteine - die Chaperone - verhindert. Weiterhin ermöglicht die räumliche Struktur der Polysomen, dass das Botenmolekül geschützt und wie am Fließband auf möglichst kurzem Weg von einem Ribosom zum nächsten weiter gereicht wird – die Architektur der zellulären Proteinfabriken ermöglicht somit einen optimierten Arbeitsablauf und steigert die Effizienz der Proteinfaltung (Cell 23.1.2009). [mehr]
3D-Aufnahmen zeigen erstmalig, dass Mykobakterien an ihrer Oberfläche von einer Doppelmembran umgeben sind. Martinsrieder Wissenschaftler beenden eine lange wissenschaftliche Diskussion um den äußeren Schutzschild der Bakterien und eröffnen neue Wege für die Entwicklung von Medikamenten gegen Tuberkulose. [mehr]
Durch neuartige "Nahfeld" - Mikroskopie konnte im MPI für Biochemie (Martinsried bei München) erstmals das spontane Entstehen winziger metallischer Bereiche beobachtet werden, die die Umwandlung eines nicht leitfähigen Kristalls in ein Metall auslösen. Dieses Forschungsergebnis kann unser Verständnis der Supraleiter (Metalle, die den Strom ohne jeden Verlust leiten) erleichtern, oder auch die Suche nach besseren Leitern für Hochgeschwindigkeitsrechner. [mehr]
Eine neue Perspektive der Zellbiologie hat Professor Wolfgang Baumeister eröffnet: Mit faszinierenden Aufnahmen blitzschnell eingefrorener Zellen kann er Eiweißstrukturen räumlich, also dreidimensional darstellen und daraus sogar Bewegungsabläufe der Moleküle ableiten. Für diese wegweisenden Entwicklungen der so genannten Kryo-Elektronentomographie wird der Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried mit dem mit 50.000 Euro dotierten Ernst Schering Preis 2006 geehrt. Der von der Schering Stiftung vergebene Preis wird heute von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Annette Schavan, im Rahmen eines Festaktes im Frank O. Gehry Bau der DZ Bank in Berlin dem Preisträger überreicht. [mehr]
An den magnetischen Feldlinien der Erde orientieren sich nicht nur Zugvögel. Auch vermeintlich "einfach" organisierte Bakterien haben im Lauf der Evolution die Fähigkeit entwickelt, das Magnetfeld für die Suche nach optimalen Lebensbedingungen zu nutzen. Solche "magnetotaktischen" Mikroorganismen verwenden einen zellulären Mini-Kompass, der aus einer Kette von einzelnen Nano-Magneten, den Magnetosomen, besteht und die gesamte Bakterienzelle wie eine Kompassnadel im magnetischen Feld ausrichtet. Bisher war es ein Rätsel, wie die Einzeller es schaffen, ihre Magnetosomen entgegen ihrer wechselseitigen magnetischen Anziehung in einer stabilen Kette anzuordnen. Mit modernen molekulargenetischen und bildgebenden Verfahren ist es jetzt Forschern des Bremer Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie und des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried gelungen, das für die Entstehung der Magnetosomenketten verantwortliche Protein zu identifizieren. Sie konnten zeigen, dass dieses Protein die Magnetosomen entlang einer bisher unbekannten Zellskelett-Struktur ausrichtet. Damit gelang erstmals der Nachweis, dass die Magnetosomenkette genetisch exakt reguliert wird. Zudem handelt es sich dabei um eine der komplexesten Strukturen, die bisher in bakteriellen Zellen gefunden wurden - vergleichbar jenen Zellorganellen, die man bisher nur von höheren Organismen kennt (Nature, Advanced Online Publication, 20. November 2005). [mehr]
Dreidimensionale kryoelektronenmikroskopische Bilder aus dem Max-Planck-Institut für Biochemie und dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) liefern jetzt erstmals eindeutige Beweise für das Vorhandensein und die genaue Struktur des Zellskeletts eines der kleinsten Lebewesen, des Mycoplasmas Spiroplasma melliferum. Mit diesen Einblicken sind die Wissenschaftler in der Lage, bisherige Modelle und Theorien über den Aufbau dieses Zellskeletts und dessen Funktionsweise bei der spiralförmigen Fortbewegung dieser Mikroorganismen zu verwerfen bzw. mit neuen Details zu ergänzen. In der neuesten Ausgabe von "Science" veröffentlichen die Wissenschaftler aus Martinsried und Heidelberg erstmalig ihre neuen Bilder und Ergebnisse (Science, 21. Januar 2005). [mehr]
Innerhalb einer Zelle herrscht reger Verkehr, weil das Erbgut, also die Baupläne des Lebens, und alle wichtigen Organellen und Protein-Komplexe für Stoffwechsel, Wachstum oder auch Zellteilung durch die Hülle des Zellkerns voneinander getrennt sind. Seit Jahren versuchen Wissenschaftler zu verstehen, wie die winzigen Poren in der Kernhülle aufgebaut sind und welche Aufgaben ihre einzelnen Bausteine übernehmen. In enger Kooperation sind jetzt mehrere Forschungsgruppen am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried zu völlig neuen Erkenntnissen über die Kernporen gekommen (Science Express, 28. Oktober 2004). Mit Hilfe der Kryo-Elektronentomographie, einer am Institut entwickelten speziellen Technik der Elektronenmikroskopie, ist es ihnen gelungen, zum ersten Mal verschiedene Strukturen der Kernporen von völlig intakten Zellkernen des Schleimpilzes Dictyostelium darzustellen. Damit kann man jetzt erstmalig aus der Struktur dieser "Pforten" des Zellkerns während ihrer natürlichen Arbeit auf ihre verschiedenen Funktionen schließen. Das Verständnis der Transportvorgänge durch die Kernporen ist von grundlegender medizinischer Bedeutung, denn Störungen der korrekten Vermittlung von Signalen in oder aus dem Zellkern spielen bei der Entwicklung verschiedener Krankheiten eine Rolle. [mehr]
Viele Viren sind strukturell sehr komplexe, aus Tausenden von Einzelmolekülen bestehende Gebilde. Ein wichtiger Vertreter ist das Herpesvirus, von dem mehr als 90 Prozent der Weltbevölkerung durchseucht sind. Aufgrund der meist asymmetrischen Form von Viren war es bisher nicht möglich, die molekulare Architektur ihrer für die Infektion von Zellen sehr wichtigen äußeren Schichten aufzuklären. Jetzt ist es Forschern um Alasdair Steven vom National Institute of Arthritis, Musculoskeletal and Skin Diseases an den National Institutes of Health (NIH) sowie Wolfgang Baumeister vom Martinsrieder Max-Planck-Institut für Biochemie erstmals gelungen, diese äußeren Bereiche bei infektiösen Partikeln des Herpesvirus sichtbar zu machen. Die Partikel enthalten offenbar Hunderte von winzigen Fortsätzen ("Spikes"), die in unterschiedlicher Länge und Form aus der äußeren Membran herausragen, und deren Anordnung auf der Membran nicht zufällig, sondern sehr funktional erscheint (Science, 21. November 2003). Dieser Erfolg gelang mit Hilfe der Kryo-Elektronentomographie, einer Technik, die am Max-Planck-Institut für Biochemie entwickelt und im Jahr 2002 erstmals erfolgreich für eukaryotische Zellen eingesetzt wurde. [mehr]
Wolfgang Baumeister ist berühmt für seine Arbeiten am Proteasom und die Weiterentwicklung der Elektronentomographie. So ermöglichte er hochauflösende, dreidimensionale Bilder intakter Zellen und konnte neue Einblicke in deren supramolekulare Strukturen gewinnen. Dafür wurde er jetzt mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin 2003 ausgezeichnet. [mehr]
Seit über zehn Jahren arbeiten Wissenschaftler in der Abteilung Molekulare Strukturbiologie von Wolfgang Baumeister an der Entwicklung der Elektronentomographie - ein Verfahren, bei dem die Elektronenmikroskopie mit automatisierten Bildaufzeichnungsverfahren und neuer Bildanalysetechnik kombiniert wird. So konnten sie bereits in das Innere von Bakterienzellen schauen und Zellbestandteile wie Membranen und Molekülkomplexe dreidimensional darstellen. Erstmals gelang es ihnen nun auch Bilder aus dem Zellinneren eines Vielzellers, des Schleimpilzes Dictyostelium discoideum, zu präsentieren und damit den Beweis anzutreten, dass es auf diesem Wege tatsächlich möglich ist, Momentaufnahmen von Zellen höherer Organismen zu erhalten. Ihre Ergebnisse haben die Martinsrieder Forscher in der aktuellen Ausgabe von Science (8. November 2002) veröffentlicht. [mehr]
In einem kürzlich entwickelten Nahfeldmikroskop haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried erstmals Kristallschwingungen mit nanometrischer Ortsauflösung sichtbar gemacht (Nature, 11. Juli 2002). Mit Hilfe von Infrarotlaserstrahlen konnten sie die Resonanz der Kristallschwingung, die so genannte Phonon-Resonanz, aufzeichnen. Die neue Technik macht kleinste Kristallveränderungen und -verunreinigungen im Bereich von nur einem Hunderttausendstel Millimeter sichtbar und eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung von Materialien und biologischen Mineralien wie Zähnen und Knochen. Sogar technische Innovationen etwa für die Datenspeicherung sind möglich und wurden bereits zum Patent angemeldet. [mehr]
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