Ein Krake als Anstandsdame

30. Oktober 2000

Eiweiße (Proteine) können nur dann gut funktionieren, wenn sie die richtige Form haben. Spezielle Molekül-Komplexe der Zelle, sogenannte Chaperone, sorgen dafür, dass Proteine bei ihrer Entstehung, der Translation, nicht aus der Rolle fallen, verklumpen und unbrauchbar werden. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben jetzt einen wichtigen Baustein zum Verständnis der Bildung von Proteinen gefunden. Sie haben die Struktur eines Chaperons aufgeklärt.

Eiweiße (Proteine) können nur dann gut funktionieren, wenn sie die richtige Form haben. Spezielle Molekül-Komplexe der Zelle, sogenannte Chaperone (=englische Bezeichnung für Anstandsdame) sorgen dafür, dass Proteine bei ihrer Entstehung, der Translation, nicht aus der Rolle fallen, verklumpen und unbrauchbar werden. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben jetzt einen wichtigen Baustein zum Verständnis der Bildung von Proteinen gefunden. Sie haben die Struktur eines Chaperons, des Prefoldins (PFD), aus dem Archaebakterium Methanobacterium thermoautotrophicum aufgeklärt.

Gleich einem Oktopus, welcher zwei Beine verloren hat, so fanden die Strukturanalytiker um Dr. Ismail Moarefi in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ulrich Hartl, kann sich Prefoldin mit seinen tentakelförmigen Untereinheiten an das Protein anheften und vor einer Verklumpung schützen. Die Verbindung von Prefoldin und Protein ist nicht dauerhaft und das Protein kann daher leicht an spezielle Molekül-Komplexe, Chaperonine, abgegeben werden, die dafür sorgen, dass das neugebildete Protein die endgültig richtige Form erhält. Eine falsche Faltung der Proteine kann für einen Organismus katastrophale Folgen haben. So kann sie zum Beispiel für die Entstehung der Rinderseuche BSE oder von Parkinson verantwortlich sein. Prefoldin kann in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung falscher Protein-Strukturen leisten.

Die grundlegenden Bausteine des Prefoldin-Komplexes aus Hefe sind bereits aus der Arbeit von Dr. Katja Siegers bekannt, Kollegin Moarefis in der Abteilung Zelluläre Biochemie, des Max-Planck-Institutes. „Nun jedoch kennen wir die dreidimensionale Struktur dieses Chaperons, und können den Beitrag des Chaperons bei der Proteinsynthese noch genauer untersuchen“, so Dr. Ismail Moarefi. Er hat mit seinen Kollegen zweieinhalb Jahre an der erfolgreichen Aufklärung der Prefoldin-Struktur gearbeitet. Das Ergebnis wird jetzt in der neuesten Ausgabe von „Cell“ am 10. November 2000 publiziert und die renommierte Zeitschrift widmet dem Prefoldin-Oktopus die Titelseite der November-Ausgabe.

„Unsere Aufklärung der genauen Proteinstruktur kann ganz neue Möglichkeiten zur industriellen Herstellung von Proteinen in Bakterienkulturen eröffnen“, so Moarefi. „Es ist jetzt keine große Aufgabe mehr, Bakterien zu züchten, die diese Chaperone herstellen und dann auch über diesen Mechanismus verfügen, der eine Verklumpung von Proteinen in der Bakterienzelle verhindern könnte.“ Das Labor von Dr. Siegers prüft mit Prefoldin in unterschiedlichen Formen, noch genauer die Funktion der einzelnen Arme.

Kontakt:

Dr. Ismail Moarefi

Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried

Tel. 089/8578-2933.

E-Mail: moarefi@biochem.mpg.de

Eva-Maria Diehl

Max-Planck-Institut für Biochemie, Öffentlichkeitsarbeit

Am Klopferspitz 18a

82152 Martinsried

Tel. 089 8578 - 2824

Fax: 089 8578 - 2943

E-Mail: diehl@biochem.mpg.de

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