Ein molekularer Lieferservice

30. August 2013

Die meisten Zellen besitzen kleine haarige Strukturen (Zilien) auf ihrer Oberfläche. Sie sind für die Bewegung von Zellen verantwortlich (zum Beispiel bei Spermien), sie verarbeiten Signale aus der Umwelt und koordinieren die korrekte Anordnung der inneren Organe. Um korrekt zu funktionieren, müssen Zilien bei der Montage mit den richtigen Bausteinen beliefert werden. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried bei München konnten jetzt zeigen, wie der Hauptbaustein Tubulin von zwei Transporthelfern in das Zilium gebracht wird. „Fehlerhafte Zilien verursachen zahlreiche Krankheiten, die weltweit Millionen von Menschen betreffen“, sagt Sagar Bhogaraju, Wissenschaftler am MPI für Biochemie. Die jetzt im Journal Science veröffentlichten Ergebnisse könnten helfen, diese Krankheiten zu verstehen und möglicherweise zu verhindern.

Obwohl Zilien verschiedenste Aufgaben erfüllen, haben sie alle eine ähnliche Struktur: Sie sind nur fünf bis zehn Mikrometer (0,0005 bis 0,001 Zentimeter) lang und befinden sich auf der Oberfläche von eukaryotischen Zellen. Über 600 verschiedene Zilien-Proteine werden im Inneren der Zelle gebildet und dann in das Zilium transportiert. Störungen in diesem Transportsystem, das Wissenschaftler Intraflagellären Transport (IFT) nennen, können zu Fehlern bei der Montage der Zilien und damit zu Krankheiten mit sowohl geistigen als auch körperlichen Schäden führen. So können defekte Zilien zum Beispiel einen „Situs inversus“ hervorrufen. Bei dieser Krankheit sind die inneren Organe spiegelverkehrt im Körper angeordnet.

 

Auch wenn lange bekannt war, wie wichtig der intraflagelläre Transport (IFT) für die Zilien und damit für einen funktionierenden Organismus ist, konnten seine Strukturen und Mechanismen bisher nicht aufgeklärt werden. Wissenschaftler der Forschungsgruppe „Intraflagellärer Transport“ um Esben Lorentzen konnten jetzt einen wichtigen Schritt in diesem molekularen Lieferservice aufklären: den Transportmechanismus des Schlüsselproteins Tubulin. Es ist das häufigste Protein in Zilien und formt ihr Rückgrat. „Wir konnten zeigen, dass die beiden Proteine IFT74 und IFT81 gemeinsam ein Tubulin-Bindemodul bilden“, sagt Sagar Bhogaraju. Unterbrechen die Forscher die Bindung zwischen IFT74/-81 und Tubulin, hat dies schwerwiegende Folgen für die Bildung von Zilien. „Unsere Ergebnisse liefern einen ersten Einblick in die Montage von Zilien auf molekularer Ebene“, sagt der Biochemiker.

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