Synaptische Phosphorylierung im Schlaf

Forscher zeigen in zwei Beiträgen im Fachmagazin Science, wie entscheidend der Schlaf-Wach-Zyklus für die Dynamik der Phosphorylierung von Proteinen in Synapsen ist, um deren Aktivität zu regulieren.

18. Oktober 2019
Die innere Uhr steuert so gut wie alle physiologischen Abläufe im menschlichen Körper und richtet sich täglich am Wechsel von Tag und Nacht aus. Wie der zirkadiane Rhythmus und der Schlaf die molekularen Mechanismen auf Zellebene im Gehirn beeinflussen, ist bislang noch nicht vollständig verstanden. Maria Robles, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Medizinische Psychologie der LMU, zeigt zusammen mit Forschern des Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in zwei aktuell im Fachmagazin Science veröffentlichten Beiträgen, wie eher der Schlaf-Wach-Rhythmus als die zircadiane Uhr, die zyklische Schwankung von Protein-Mengen und die Phosphorylierung synaptischer Proteine lenkt, um die Dynamik synaptischer Aktivität im Gehirn zu orchestrieren.

Die Chronobiologin Maria Robles nutzt zusammen mit Matthias Mann und Jürgen Cox vom MPI für Biochemie massenspektrometrische Verfahren der quantitativen Proteomik, um die Tagesdynamik des Protein-Status und der Phosphorylierung in isolierten Synapsen des Vorderhirns von Mäusen darzustellen. Phosphorylierung bedeutet, dass Phosphatmoleküle an Proteine binden und deren Struktur leicht verändern. Dabei funktionieren die Phosphatmoleküle wie kleine Protein-Schalter, welche die Aktivität und Funktion der Proteine ändern.

Für die Studien in Science hat das Team untersucht, wie dynamisch das synaptische Proteom und Phosphoproteom über den Tag strukturiert ist und wie es von Schlafmangel beeinflusst wird. In einer der beiden Studien zeigt das Team, dass an einem gewöhnlichen Tag ein Viertel der 8000 Phosphorylierungen in vielen entscheindenden synaptischen Proteinen um zwei zeitliche Höhepunkte schwankt – davon ist einer kurz vor dem Aufwachen der Mäuse und der andere kurz vorm Einschlafen. „Das deutet darauf hin, dass die synaptische Phosphorylierung eine Schlüsselrolle für die Regulierung synaptischer Funktionen spielt, insbesondere während des Übergangs in den Schlaf beziehungsweise in die Wachphase“, sagt Maria Robles, die als Postdoktorand bei Matthias Mann arbeitete.

Dieses charakteristische Phosphorylierungsmuster scheint den Aufbau und die Auflösung des Schlafdrucks widerzuspiegeln, da Schlafmangel synaptische Phosphorylierungs-Rhythmen fast vollständig aufhebt. „Unsere Studie zeigt, dass Schlaf-Wach-Zyklen die zeitliche Orchestrierung der phosphorylierungsabhängigen Regulierung wesentlicher synaptischer Prozesse gestalten – angefangen von der Erhaltungsfunktion bis hin zur Plastizität in Antwort auf den Schlafdruck“, sagt Maria Robles.

In der zweiten Studie, die in derselben Ausgabe des Science-Magazins erscheint, haben die Forscher um Maria Robles zusammen mit einer Arbeitsgruppe der Universität Zürich (um Steve Brown) gezeigt, dass die Fülle synaptischer Proteine ebenfalls rhythmisch durch Schlaf-Wach-Zyklen gesteuert ist. Insbesondere zeigen sie, dass die synaptische Aktivität die zyklische Produktion von Proteinen mithilfe von Boten-Molekülen anstößt, die sich über den Tag hinweg rhythmisch an den Synapsen ansammeln. Während die Produktion von Proteinen völlig von Wach-Schlaf-Zyklen abhängt, ist die Bewegung und Ansammlung von Botenmolekülen abhängig von zirkadianen Mechanismen.

Originalpublikationen

1. F. Brüning, SB Noya, T. Bange, S. Koutsouli, JD Rudolph, S. Tyagarajan, J. Cox, M. Mann, SA Brown, MS Robles: Sleep-wake cycles drive daily dynamics of synaptic phosphorylation, Science, Oktober 2019
2. SB. Noya, D. Colameo, F. Brüning, A. Spinnler, D. Mircsof, L. Opitz, M. Mann, S. K. Tyagarajan, MS Robles, SA Brow: The forebrain synaptic transcriptome is organized by clocks but its proteome is driven by sleep, Science, Oktober 2019
DOI: 10.1126/science.aav2642 und 10.1126/science.aav3617

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