Künstliche Enzyme aus dem Schülerlabor - Kooperation von Schule und Wissenschaft bringt die Synthetische Biologie voran

23. September 2010

Immer mehr Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Herstellung synthetischer Proteine. Kürzlich hat ein Gemeinschaftsprojekt von Schule und Wissenschaft ein weltweit einmaliges Ergebnis hervorgebracht: Mit Hilfe von Nediljko Budisa, Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München, ist es Schülerinnen und Schülern aus Österreich gelungen, ein funktionstüchtiges Protein der Verdauung, das Enzym Amylase, mit zwei künstlichen Aminosäuren herzustellen. Das Projekt ist von großer wissenschaftlicher Bedeutung und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Jetzt stellen die Nachwuchswissenschaftler ihre Ergebnisse auf dem EU Contest for Young Scientists in Lissabon vor.

Proteine sind die Hauptakteure in unserem Körper und erfüllen zahlreiche Aufgaben: Als Bestandteile unseres Immunsystems wehren sie Krankheitserreger ab, dienen als Botenstoffe der Signalübertragung oder bringen als Enzyme verschiedene Prozesse in Gang. Sie alle werden aus Aminosäuren aufgebaut, deren Abfolge bereits in der Erbinformation festgelegt ist. 20 Aminosäuren bilden den Standardsatz, aus dem Proteine entstehen. In der Natur jedoch treten mehrere hundert verschiedene Aminosäuren auf und neue Varianten können zudem im Labor hergestellt werden. Diese synthetischen Aminosäuren unterscheiden sich von den 20 Standard-Aminosäuren, sodass durch ihren Einbau in Proteine bestimmte Eigenschaften eines Proteins gezielt verändert werden können. Die Wissenschaft, die sich der Herstellung von Proteinen nach Maß widmet, nennen die Forscher Synthetische Biologie (SynBio).

Initiiert und unterstützt von Nediljko Budisa führte die Höhere Land- und Forstwirtschaftliche Schule (HLFS) in Ursprung, Österreich, kürzlich ein Projekt zur Synthetischen Biologie durch: Amylase 2.0. Im Rahmen dieses Projekts gelang es den Schülerinnen und Schülern, ein funktionstüchtiges Protein der Verdauung, das Enzym Amylase, mit zwei künstlichen Aminosäuren zu kreieren, das sogar aktiver ist als die natürliche Variante. „Dieser Erfolg ist weltweit einmalig und daher ein großer Fortschritt auf dem Gebiet der SynBio“, so Budisa.

Die Amylase ist Bestandteil unseres Speichels. Sie baut Stärke ab, sodass daraus Zucker entsteht, den der Körper dann weiterverarbeiten kann. Das Enzym wird auch in der Industrie vielfach eingesetzt, zum Beispiel beim Bierbrauen oder zur Herstellung von Bioethanol aus Biomasse. „Hier könnte künftig viel Energie eingespart werden, wenn die Amylase effektiver und schon bei niedrigeren Temperaturen arbeiten würde“, hofft Schülerin Simone Reiter. Dadurch konnten die Schülerinnen und Schüler zeigen, wie wichtig die SynBio bald für die Wirtschaft sein könnte. Doch ihre Ergebnisse sind auch für die Wissenschaft von großer Bedeutung. So wird sich Nediljko Budisa, seit Mai Professor am Institut für Chemie der TU Berlin, im Rahmen des Exzellenzclusters „Unifying Concepts in Catalysis“ (UniCat) auch in Zukunft mit der künstlich hergestellten Amylase beschäftigen. Am MPIB werden die Ergebnisse ebenfalls weiter erforscht.

Budisa und das MPIB unterstützten das Projekt, indem sie Fachwissen und Laborräume zur Verfügung stellten. Doch nicht nur die österreichischen Jungforscher profitierten von der Zusammenarbeit, sondern auch Budisa und sein Team. Der Wissenschaftler ist begeistert: „Wir waren ganz erstaunt, mit welchem Engagement die Schülerinnen und Schüler ans Werk gingen. Deshalb war es für uns eine tolle und außergewöhnliche Erfahrung, mit diesen jungen Leuten gemeinsam im Labor zu arbeiten und Ergebnisse zu analysieren, zu interpretieren und auch kritisch zu diskutieren.“

Das Projekt war und ist ein voller Erfolg: Amylase 2.0 gewann bereits den ersten Preis in der Kategorie Klimaschutz bei „Jugend innovativ“, dem österreichischen Pendant zu „Jugend forscht“ und wird am 13. Dezember mit dem Schulforschungspreis „Sparkling Science“ ausgezeichnet. Derzeit stellen die Schülerinnen und Schüler ihr Projekt auf dem „EU Contest for Young Scientists“ in Lissabon vor, dem EU-weiten „Jugend forscht“, wo sie ebenfalls auf eine Auszeichnung hoffen. [UD]

Kontakt:

Prof. Dr. Konrad Steiner

HLFS-Ursprung

PR-Kustos

Ursprungstraße 4

A-5161 Elixhausen

Tel. ++43/662-480301-0

E-mail: konrad.steiner[a]sbg.ac.at

Prof. Dr. Nediljko Budisa

Technische Universität Berlin

Institut für Chemie

Straße des 17. Juni 124

10623 Berlin

Tel. +49/30-314-23661

E-mail: budisa[a]chem.tu-berlin.de

Anja Konschak

Öffentlichkeitsarbeit

Max-Planck-Institut für Biochemie

Am Klopferspitz 18

82152 Martinsried

Tel. ++49/89-8578-2824

E-mail: konschak[a]biochem.mpg.de

www.biochem.mpg.de

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